Der Bausektor ist ein entscheidender Akteur bei der Verwirklichung einer nachhaltigen Entwicklung. Laut dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) ist die Bauindustrie für etwa 10 % des globalen Bruttoinlandsprodukts (BIP) verantwortlich und beschäftigt 100 Millionen Menschen. Der Bausektor, der die Wirtschaft und das soziale Wohlergehen fördert, trägt gleichzeitig erheblich zum Ressourcenverbrauch, Energieverbrauch und CO2-Ausstoß bei.
Eine nicht unerhebliche Sparte des Bausektors stellt der Wasserbau dar. Allein in Deutschland profitieren ganze Regionen von dieser Wachstumsbranche, die allein an den Binnenwasserstraßen jährlich 4,2 Mrd. Euro Umsatz generiert. Diesen Anforderungen steht eine Wasserstraßeninfrastruktur mit problematischer Altersstruktur entgegen. Bei 32 % der Schleusen ist die Nutzungsdauer von 100 Jahren bereits erreicht oder überschritten. Bei Wehranlagen, die zudem für Instandsetzungsmaßnahmen nicht gesperrt werden können, ist die Altersstruktur ähnlich ungünstig.
Als Kompetenzzentrum für den Verkehrswasserbau in Deutschland nimmt die BAW dabei eine Schlüsselrolle ein. Als technisch-wissenschaftliche Beratungs- und Ressortforschungseinrichtung für den Verkehrswasserbau in Deutschland hat sich die BAW mit ihrem Leistungsportfolio ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet, das in dieser Form weder durch andere öffentliche noch private Institutionen angeboten wird. Die gestiegenen Nachhaltigkeitsanforderungen im Verkehrswasserbau, die Folgen des Klimawandels, die Digitalisierung im Bauwesen, neue Antriebstechnologien in der Schifffahrt sowie die Automatisierung in der Binnenschifffahrt nehmen dabei eine immer wichtigere Rolle ein.
Des Weiteren verfolgt die BAW im Rahmen der BAW-Strategie 2030 selbstgesetzte und ambitionierte Nachhaltigkeitsziele im Bereich des Verkehrswasserbaus. Angesichts der wachsenden Sensibilität in dem Bereich des Natur- und Gewässerschutzes, legen langfristiges Denken und verantwortungsvolles Handeln den Grundstein für eine Nachhaltigkeitsbewertung und Optimierung der Massivbauwerke im Verkehrswasserbau.
Das Institut für Nachhaltigkeit im Bauwesen (INaB) der RWTH Aachen entwickelt in einem Projekt mit der BAW ein Rahmenwerk für die Nachhaltigkeitsbewertung von Verkehrswasserbauwerken. Das Ziel des INaB, als Projektpartner, ist die Entwicklung eines Nachhaltigkeitsbewertungskonzepts basierend auf dem aktuellen Stand der Wissenschaft. Das entwickelte Nachhaltigkeitsbewertungssystem soll anschließend auf weitere Bestandsbauwerke angewendet werden können. Das Projekt gliedert sich in zwei Module: (1) Literaturstudie zu Nachhaltigkeitsbewertungssystemen im Bausektor; und (2) Ökobilanz.
Im Rahmen des Modul 2 werden die Rahmenbedingungen für die Ökobilanz festgelegt: Definition der funktionalen Einheit, Referenzflüsse, Anwendungsbereich, Systemgrenzen und die Berechnungsmethode für die Durchführung der Ökobilanz. Darüber hinaus werden Richtlinien für die Entwicklung von Szenarien für die Nutzungsphase (d. h. Wartung, Ersatz, Sanierung usw.) und das Ende der Lebensdauer von Wasserbauwerken entwickelt. Das INAB begann mit Cradle to Gate während des bereits bestehenden Zustands mit verschiedenen Szenarien, die zu einer Verringerung der Umweltauswirkungen beitrugen. Der nächste Schritt des Moduls ist die Durchführung einer Bewertung von der Wiege bis zur Bahre mit allen Phasen der Lebenszyklusanalyse. Außerdem wird in diesem Projekt eine Sensitivitätsanalyse für alle Produkte durchgeführt, die zur Reduzierung des Treibhauspotenzials und des Energieverbrauchs beitragen könnte. Es wird eine Fallstudie am Beispiel einer neugebauten Schleuse ausgewertet.
Kontakt:
Manouchehr Shokri M.Sc.
Tel.: +49 241 80 22766
E-Mail: manouchehr.shokri@inab.rwth-aachen.de